Ziel des Projekts OH-FINE ist es, ein europäisches Netzwerk zu schaffen, in dem Landwirte Erfahrungen und Wissen austauschen und neue Kontakte knüpfen können. Im Mittelpunkt des Projekts stehen die Herausforderungen der Umstellung auf den ökologischen Landbau sowie die Entwicklung innovativer Anbau- und Vermarktungsmethoden für die Zeit nach der Umstellung. Im Rahmen des Projekts sind insgesamt acht gegenseitige Besuche geplant. Die Reise nach Wien bildete den Auftakt zu den Cross Visits. Die 48 Teilnehmer aus neun europäischen Ländern besuchten verschiedene Biobetriebe in Österreich, um sich über innovative Anbausysteme und -techniken zu informieren.
Einblicke in den Biolandbau in Österreich gewinnen
Der biologische Landbau hat in Österreich eine lange Geschichte, die bis etwa 1930 zurückreicht, als der erste Biobetrieb gegründet wurde. In den letzten Jahrzehnten hat die Branche ein starkes Wachstum erfahren, insbesondere seit dem EU-Beitritt. Derzeit sind rund 23 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe als biologisch zertifiziert. Die meisten dieser Produkte werden über den Einzelhandel verkauft.
Im Rahmen des Erfahrungsaustausches wurden vier Biobetriebe besucht: zwei in Niederösterreich und zwei im Burgenland.
Am ersten Tag der Reise fuhren wir nach Niederösterreich. Einer der besuchten Betriebe war der Biohof Adamah, der für seine Bio-Kistln" bekannt ist. Um wöchentlich über 6.000 Bio-Kistln" auszuliefern, arbeitet das Familienunternehmen mit regionalen und überregionalen Bauern zusammen. Das Angebot an 100% biologischen Produkten umfasst frisches Obst und Gemüse, Milchprodukte, Fleisch und Naturkosmetik.
Eine weitere Station war der Biohof Ripfl, ein Familienbetrieb, der einen innovativen Ansatz in der Landwirtschaft verfolgt und Techniken wie Agroforstwirtschaft und Streifenkulturen einsetzt. Der Betrieb kombiniert den Mandelanbau mit anderen Kulturen, um seine Ressourcen optimal zu nutzen.
In Gesprächen mit Landwirten aus Österreich und Spanien wurden Unterschiede herausgearbeitet und mögliche Zukunftsszenarien erörtert. In Niederösterreich und im Burgenland beispielsweise können die Landwirte ihre Felder mit Grundwasser aus einer Tiefe von vier bis sechs Metern bewässern. Ein spanischer Landwirt hingegen berichtete: "Um meine Felder zu bewässern, pumpe ich Grundwasser aus 200 Metern Tiefe."
Am zweiten Tag ging die Reise weiter ins Burgenland. Auch hier macht sich der Klimawandel bemerkbar und führt zu intensiven Diskussionen über Anpassungsstrategien. Ein beeindruckendes Beispiel ist das Biogut Esterhazy, das einen 5.600 Hektar großen Biobetrieb führt. Der nachhaltige Ansatz des Gutes spiegelt sich in geschlossenen Nährstoffkreisläufen und der verstärkten Nutzung von Nutztieren wider. Neben dem Ackerbau werden die eigenen Produkte in einem Restaurant, einer Metzgerei und einem Hofladen verarbeitet und verkauft.
Freilandanbau und Saatgutanpassung auf dem Hof
Der Biohof Binder-Laki ist ein Familienbetrieb im Mittelburgenland. Wolfgang Binder-Laki und seine Familie bewirtschaften 55 Hektar Ackerland, 2,5 Hektar Grünland und einen Hektar Wald. Der Betrieb ist seit 1992 biozertifiziert.
Er setzt auf die Rückenbearbeitung und baut im Rahmen einer strukturierten Fruchtfolge Raps, Weizen, Roggen, Dinkel, Hafer, Sojabohnen und Leguminosen an. Mit nur zwei Landmaschinen arbeitet er ressourceneffizient und vermehrt sein eigenes Saatgut, damit es sich an das lokale Klima anpassen kann. Der Ridge-Anbau hat seinen Ursprung in Spanien, wo er weit verbreitet ist.
In den Nachbarländern ist diese Anbautechnik vor allem aus dem Kartoffel- und Karottenanbau bekannt. Laut Wolfgang hat der Dammanbau viele Vorteile, wie z. B. eine gute Luftzirkulation und die Schaffung eines günstigen Mikroklimas. Außerdem ermöglicht sie eine effektive Wasserspeicherung. Wolfgang erklärte, dass die Dämme den Boden in heißen Perioden beschatten und ihn im Frühjahr schneller erwärmen.
Der Gegenbesuch bot einen faszinierenden Einblick in die biologische Landwirtschaft in Österreich und gab den Teilnehmern aus neun europäischen Ländern die Möglichkeit, sich zu vernetzen und voneinander zu lernen. Wir freuen uns schon auf die nächste Gelegenheit, Einblicke in den ökologischen Landbau in unseren Partnerländern zu gewinnen. Der nächste Gegenbesuch wird im Oktober 2025 in Spanien stattfinden. Die europäischen Landwirte sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen, verschiedene Praktiken und Ideen des ökologischen Landbaus aus ganz Europa kennenzulernen und ihre eigenen Erfahrungen auszutauschen.
Barbara Schäfer, FiBL CH